Eine 27-köpfige Delegation besuchte im September Heuchelheims polnische Partnergemeinde Dobrzen-Wielki, wo bislang mehr als 400 vor dem Krieg geflohene Ukrainer aufgenommen wurden.
Obwohl Dobrzen-Wielki (Groß Döbern), die polnische Partnergemeinde Heuchelheims, nur etwa 4500 Einwohner hat, leben in dem Ort derzeit über 400 Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine geflohen sind. Das seien »sieben bis acht Mal mehr als bei uns«, machte Bürgermeister Lars Burkhard Steinz auf die hohe Quote im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung im Vergleich zu Deutschland aufmerksam. In seiner Funktion als Erster Vorsitzender des Vereins zur Pflege internationaler Beziehungen (VIB) berichtete er gemeinsam mit Stellvertreterin Sabine Müller-Kübler über die jetzige Fahrt einer 27-köpfigen Heuchelheimer Delegation in die in Oberschlesien gelegene Partnergemeinde. Damit erwiderte man den Gegenbesuch von 2019, was aufgrund der Corona-Pandemie in den vergangenen beiden Jahren nicht früher möglich gewesen war. Beide Seiten verbindet schon seit rund 30 Jahren eine enge Freundschaft.
Per Rad
angereist
Statt bequem
mit dem Bus, wie die überwiegende Mehrheit der Reisenden, waren drei
Heuchelheimer mit dem Fahrrad nach Dobrzen-Wielki geradelt: Georg Bode, Stephan
Henrich und Wolfgang Volk hätten für die 850-Kilometer-Wegstrecke täglich
Etappen von weit über 100 Kilometern zurückgelegt, erzählten Steinz und
Müller-Kübler sichtlich beeindruckt von dieser Ausdauerleistung. Auf dem Weg
zurück nahmen die Drei dann aber ebenfalls im Bus Platz und verstauten ihre Drahtesel
im Kofferraum.
Beim
viertägigen Aufenthalt in Dobrzen-Wielki, inklusive Anreise- und Abreisetag,
war für ein volles Programm mit reichlich Möglichkeiten für Gespräche und
Begegnungen gesorgt. Das reichte vom Empfangsabend bei den Gastgebern über Besuche
in Kindergarten, Pflegeheim und Kulturzentrum, einem Ausflug zum Badesee
»Balaton« bis hin zu Fahrten in die Umgebung und Einladungen zum Schlesischen
Oktoberfest sowie dem Deutsch-Polnischen Abend, wo in beiden Fällen reichlich
»deftiges Essen« serviert wurde, wie Steinz erzählte.
Untergebracht waren die
Delegationsmitglieder großteils bei örtlichen Familien in Privathäusern. Von
dieser Hilfsbereitschaft profitieren auch die ukrainischen Geflüchteten, denn
»staatliche Unterstützung gibt es nicht«, sagte der Bürgermeister. Nicht
zuletzt deshalb wolle die Gemeinde Heuchelheim zusammen mit weiteren
Beteiligten möglichst noch in diesem Jahr eine zweite Hilfslieferung mit
verschiedenen Materialien in die polnische Region entsenden, kündigte er an. In
Dobrzen-Wielki tut man trotz all der Belastungen auch durch die Energiekrise,
was möglich ist, um zu helfen, so wurden unter anderem im Altenheim »Wohnungen
für zwei kinderreiche ukrainische Familien« eingerichtet, wusste Müller-Kübler.
Abgesehen von den begrenzten Unterbringungsmöglichkeiten sei es »auch
sprachlich nicht so einfach«, ergänzte Steinz. Und schließlich sei noch »die
Angst da, dass der Krieg rüberschwappt«, so die Zweite Vorsitzende. Die
Delegationsteilnehmer erfuhren von zahlreichen schweren Schicksalen, wie
beispielsweise von einer durch den Kriegstod des Familienvaters nun
alleinstehenden Mutter, die mit ihren Kindern in Polen bleiben will. Denn in
der Ukraine habe sie »nun nichts mehr«, erzählte Müller-Kübler.
Im Rückblick auf die vergangenen rund 30
Jahre Partnerschaft stellten die beiden fest, dass Polen in dieser Region heute
»sehr westlich geprägt ist«. Trotz der das Land regierenden eher konservativen,
EU-skeptischen PiS-Partei seien die meisten Menschen zumindest in diesem Teil
Polens »nicht rückwärtsgewandt«, es dominiere »die Fortschrittsidee«, sagte
Müller-Kübler. Öffentliche Einrichtungen wie etwa Bürgerhäuser seien zudem von
Architektur und Ausstattung her »auf einem hohen Standard«, schilderte Steinz.
Vom einst sozialistischen Erscheinungsbild sei kaum noch etwas zu sehen.
Dennoch macht sich die PiS-Politik in manchen gesellschaftlichen Bereichen
negativ bemerkbar. So berichteten beide VIB-Vertreter von der verordneten
Reduzierung des Deutschunterrichts in der Grundschule auf nur eine Stunde pro
Woche.
Natürlich hoffen alle Beteiligten, dass die
Partnerschaft zwischen Heuchelheim und Dobrzen-Wielki noch viele weitere
Jahrzehnte besteht. Letztendlich hänge dies aber auf polnischer Seite »im
Großen und Ganzen von den deutschstämmigen Nachkommen« ab, gab die Zweite
Vorsitzende zu bedenken. Aktuell muss man sich diesbezüglich jedoch keine
Sorgen machen. Im Bereich Jugendaustausch würde man sich allerdings etwas mehr
Aktivität als bisher wünschen, ließen Müller-Kübler und Steinz durchblicken.
Der Verein für internationale Beziehungen pflegt eine langjährige freundschaftliche Partnerschaft zu der polnischen Gemeinde Dobrzen Wielki (Groß Döbern), die circa 400 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen haben. In der Jahreshauptversammlung beschlossen die Anwesenden, dass der Verein 1500 Eur für die Ukraine-Flüchtlinge spendet. Wir bitten hiermit euch, liebe Vereinsmitglieder und auch andere, die diesen Spendenaufruf lesen, mit um eine Finanzhilfe für diese Flüchtlinge.
Die Spenden werden an die Gemeinde Dobrzen Wielki weitergeleitet und dienen der zweckgebundenen Unterstützung der Geflüchteten im Ort sowie zur Beschaffung von Hilfsgütern für die Partnergemeinde von Dobrzen Wielki in den ukrainischen Westkarpaten.
Der Besuch der französischen Freunde aus Gémenos zu Pfingsten 2020 fällt wegen der Corona-Krise aus. Die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der Partnerschaft sind für das kommende Jahr über Pfingsten in Gémenos geplant. Genauere Planungen werden erst im zweiten Halbjahr angegangen.
Sonntag, 24.11.2019 17 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus, Schubertstraße
veranstaltet ser VIB im rahmen seines 50-jährigen Bestehens eine Lesung mit dem Autor Hans Bollinger, der seit vielen Jahrzehnten Polen bereist, Partnerschaften unterstützt und zahlreiche persönliche Kontakte geknüpft hat. daraus ist ein Buch „Unterwegs in Polen“ enstanden, aus dem er lesen wird.
Im Anschlusss wollen wir bei Häppchen und Getränken miteinander und mit dem Autor ins Gespräch kommen. der Eintritt ist frei.